Seit 25 Jahren auch in Erlangen: Tafel lindert Not

Zum Jubiläum der Tafel Erlangen sind im Oktober verschiedene Veranstaltungen geplant. Elke Bollmann, Leitung der örtlichen Tafel, prangert soziale Not an und stellt Forderungen an die Politik.

Anlässlich des 25-jährigen Jubiläums der Tafel Erlangen sind im Oktober verschiedene Veranstaltungen geplant: Los geht es mit einem Tag der offenen Türe in der Ausgabestelle Schillerstraße, gefolgt von einer Lesung mit der Autorin und ZEIT-Journalistin Anna Mayr inklusive Podiumsdiskussion zum Thema »Armut in einer reichen Stadt« (ABGESAGT! Derzeit suchen wir nach einem neuen Termin) im KEUZ+QUER. Am gleichen Veranstaltungsort finden außerdem eine Benefizlesung mit dem fränkischen Krimi-Autor Tommie Goerz und ein Benefizkonzert der METROPOL Big Band statt. In Kooperation mit BildungEvangelisch wurde außerdem ein Podcast produziert, der die Tafel Erlangen und ihre Leitung, Elke Bollmann, portraitiert.

Viele Familien brauchen Unterstützung

Tafeln verbinden soziales und ökologisches Engagement. Davon profitieren alle Beteiligten: Lebensmittelhändler nehmen ihre ökologische Verantwortung wahr, Menschen mit geringem oder keinem Einkommen erhalten für wenig Geld Lebensmittel.

Seit 25 Jahren hat auch Erlangen eine Tafel, heute sogar mit drei Ausgabestellen. Über 1600 Kunden*innen zählt die Einrichtung der Diakonie Erlangen 2021. Mehr als ein Drittel davon sind Familien. Ihr monatliches Einkommen ist zu gering, um sich regelmäßige Einkäufe im Supermarkt leisten zu können. »Was für die meisten in dieser Stadt ‚normal‘ ist«, sagt Elke Bollmann, Leitung der Tafel Erlangen, »können sich unsere Kunden einfach nicht leisten«. Gerade für frische und gesunde Lebensmittel langt es oft nicht mehr. Vor allem für Kinder und Jugendliche ist das ein Problem.

Während der Pandemie hat sich die Situation zugespitzt: Prekäre Beschäftigungsverhältnisse wurden beendet, bei Menschen mit ohnehin niedrigem Lohn reichte das Einkommen aus der Kurzarbeit oft nicht mehr für Miete und offene Rechnungen, Kindern fehlten Technik und angemessene Arbeitsplätze zuhause, um am Distanzunterricht teilzunehmen. »Gerade Familien hat es hart getroffen«, sagt Elke Bollmann. »Die Tafel war und ist für unsere Kunden eine wichtige Hilfe im Alltag, eine Konstante, die ihnen Stabilität gibt.« Dennoch sollte es eigentlich gar keine Tafeln geben, findet sie. Angepackt werden müsse auch dort, wo die Ursache der Probleme liegt. »Wir lindern ja nur Symptome.«

»Tafeln machen Missstände deutlich«

»Tafeln können eine Gesellschaft nicht nachhaltig verändern, aber sie machen Missstände deutlich«, meint Elke Bollmann. Im Moment handele unsere Gesellschaft als gäbe es kein Morgen, obwohl sie um die Verknappung von Ressourcen wisse und angesichts des Klimawandels eigentlich anders wirtschaften müsste. Ein Drittel aller Lebensmittel, die weltweit produziert werden, würden wieder vernichtet, sagt Bollmann. »Und auf der anderen Seite sehen wir – auch bei uns, – dass es Not und Mangel gibt.« Armut nehme Menschen die Chance auf eine freie persönliche, soziale, schulische und berufliche Entfaltung, erklärt Bollmann. »Das ist doch eine – ich würde fast sagen – Versündigung an Umwelt und Mensch.«

Perspektive der Tafeln ungewiss

Unterstützung erhält die Tafel seit vielen Jahren von zahlreichen Spendern*innen und Organisationen, dem Förderverein Erlanger Tafel e.V., den Kommunen und von mehr als 150 Ehrenamtlichen. Auf Dauer werde diese Arbeit alleine durch Spendengelder und ehrenamtliches Engagement aber nicht zu stemmen sein, ist sich Elke Bollmann sicher. »Lebensmittel werden in Zukunft nicht mehr in dem gewohnten Umfang für die Tafeln zur Verfügung stehen.« Denn die Supermärkte könnten ihre Bestellmengen dank der Digitalisierung besser planen, wodurch es weniger überschüssige Lebensmittel geben werde. Natürlich gebe es auch Waren, die gar nicht erst in den Verkauf gelangen. Diese müssten die Tafeln dann aber direkt bei den Herstellern*innen abholen. »Dazu braucht es mehr Fahrzeuge, Lagermöglichkeiten und Mitarbeitende«, so Bollmann. Und das bringt hohe Investitionsbedarfe mit sich. Elke Bollmann fordert daher: »Wie in unseren europäischen Nachbarländern ist eine staatliche Unterstützung und Anerkennung der Tafeln erforderlich.«

Außerdem brauche es eine Neuausrichtung der Sozialpolitik in Deutschland, damit niemand mehr existenziell auf die Angebote der Tafeln angewiesen sei. »Die neu gewählte Bundesregierung sollte so bald wie möglich über die Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro, die Erhöhung der Sozialleistungen für Kinder und Jugendliche sowie eine gesicherte Ganztagesbetreuung einschließlich Freizeitangeboten wie Sport oder Musik für alle Schülerinnen und Schüler beraten«, fordert Elke Bollmann. Mit diesen Maßnahmen würde sich die soziale Teilhabe von vielen Tafelkunden*innen und ihren Familien deutlich verbessern.

 

Veranstaltungen zum Jubiläum

Tag der offenen Türe
09. Okt. 2021, 11.00 – 14.00 Uhr
Ort: Tafel Erlangen, Schillerstr. 52a, 91054 Erlangen
Infos und Führungen, Foto-Ausstellung, Geschichtliches, Kulinarisches, Glücksrad, Erzähl-Café, Aktionen für Kinder u.v.m.
Gäste: Oberbürgermeister Dr. Florian Janik, Vorstand der Diakonie Erlangen Pfarrer Matthias Ewelt, Dekan Peter Huschke u.a.

Armut in einer reichen Stadt – Lesung und Podium - ABGESAGT!
Derzeit suchen wir nach einem neuen Termin.
Ort: KREUZ+QUER Haus der Kirche, Bohlenpl. 1, 91054 Erlangen und ggf. digital
Lesung mit Anna Mayr, Autorin und ZEIT-Journalistin, aus ihrem Buch »Die Elenden« mit anschließender Podiumsdiskussion mit Michael Bammessel (Präsident und 1. Vorsitzender des Vorstands des Diakonischen Werkes Bayern) und Dr. Elisabeth Preuß (ehemalige Bürgermeisterin der Stadt Erlangen).

Benefizlesung mit dem fränkischen Krimi-Autor Tommie Goerz
27. Okt. 2021, 19.00 – 20.30 Uhr
Ort: KREUZ+QUER Haus der Kirche, Bohlenpl. 1, 91054 Erlangen und ggf. digital
Eintritt: Normal 10 Euro, Ermäßigt 8 Euro (mit ErlangenPass, Tafel-/Fundgrube-Ausweis etc.)

Benefizkonzert mit der METROPOL Big Band
30. Okt. 2021, 19.00 – 21.00 Uhr
Ort: KREUZ+QUER Haus der Kirche, Bohlenpl. 1, 91054 Erlangen
Eintritt: Normal 20 Euro, Ermäßigt 14 Euro (mit ErlangenPass, Tafel-/Fundgrube-Ausweis etc.)
 

Informationen zu den Veranstaltungen, die Tafel-Historie zum Nachlesen, den Podcast, die Jubiläumsbroschüre und vieles mehr gibt es auf der Seite zum Tafel-Jubiläum

Hilfe im Leben – Diakonie Erlangen